Ehemalige im Gespräch-Prof. Dr. Isabella Eckerle

Fragen des Arbeitskreises Starke Mädchen an Prof. Dr. Isabella Eckerle

Was verbinden Sie mit Ihrer Schulzeit am ESG?  

Ich habe ganze tolle Erinnerungen an meine Schulzeit und denke wirklich gerne an meine Zeit am ESG zurück. Vor allem die Oberstufenzeit, diese Zeit, wo man einerseits noch recht behütet ist, noch zu Hause lebt, aber trotzdem schon die Fühler in Richtung Erwachsensein austreckt. Ich habe viele schöne Erinnerungen an unsere Kursfahrt nach Rom, an meine Leistungskurse, an die Abizeit – und einigeFreundschaften, die damals geschlossen wurden, bestehen bis heute!

• Wussten Sie schon immer, was Sie einmal studieren wollten?

Nein, ich habe mich zwar schon immer für Biologie und Medizin interessiert, aber auch die Geisteswissenschaften – vor allem das Schreiben, irgendwas in Richtung Kommunikation und Medien, haben mich begeistert. Nach dem Abi war ich hin- und hergerissen, und habe dann erst ein Magisterstudium in Publizistik angefangen. Damit war ich aber nicht glücklich, habe es nach einem Semester abgebrochen, und habe dann ein Jahr nach dem Abi mit dem Medizinstudium angefangen. 

• Gibt es im Bereich der Wissenschaften eine Frau oder mehrere, die Sie als Vorbild bezeichnen würden?  

Es gibt viele Frauen, die ich bewundere, die ich aus meinem beruflichen Umfeld kenne und auch solche, mit denen ich zusammen arbeite, die in meinen Augen eine tolle Vorbildfunktion haben – und das Tolle ist, dass es immer mehr werden, und die Frauen in der Wissenschaft sichtbarer werden. Trotzdem haben es Frauen immer noch schwerer, die Karriereleiter aufzusteigen, Kinder und Familie werden immer noch als Hindernis angesehen, und die Expertise von Frauen wird weniger wertgeschätzt. Um aber noch einen Namen zu nennen: Ein tolles Beispiel für eine besondere Frau ist zum Beispiel die Nobelpreisträgerin Katalin Karikó – ohne ihre Forschung zur RNA gäbe es heute keine RNA-Impfstoffe, trotzdem musste sie ihre gesamte Karriere kämpfen, da ihre Arbeiten und das Thema damals nicht als besonders relevant angesehen wurden. 

• Was hat Sie an Ihrem Studium besonders begeistert? Und was gefällt Ihnen besonders an Ihrer aktuellen beruflichen Tätigkeit?

Mir hat die Breite an Themen im Studium gut gefallen, die einem einen Einblick in viele unterschiedliche Fächer bietet. Auch, dass man mit einem Medizinstudium eine ganze Reihe interessanter Tätigkeitsfelder ergreifen kann, auch außerhalb des klassischen Arztberufes. Auch ich bin heute nicht mehr in der Patienten-Versorgung im klassischen Sinne tätig, sondern an der Schnittstelle zwischen Forschung, Diagnostik und öffentlicher Gesundheit. Ich liebe an meiner Arbeit die Freiheit, die ich als Wissenschaftlerin habe, mich den Themen zu widmen, die mich begeistern. Und in dem Forschungsfeld zuneuartigen Viren wird es nie langweilig. Es treten so häufig neue Krankheitserreger auf, dass man sich immer wieder auf neue Forschungsfragen einstellen muss, schnell reagieren, viel lesen, kreativ sein, bei neuen Epidemien schnell Daten produzieren, die helfen können, einen neuen Ausbruch besser zu verstehen und bestenfalls einzudämmen.

• Welche Tipps würden Sie Schülerinnen geben, die sich für eine Karriere in der Forschung interessieren?

Zuerst: Sich nicht abschrecken lassen und den Traum unbedingt verfolgen! Ich glaube, dann ist es sehr wichtig, dass man genau das Thema findet, was einen begeistert und fasziniert. Denn es werden immer wieder Durststrecken kommen oder frustrierende Erfahrungen – es ist wichtig, dass man sein Fach brennt. Da die akademische Laufbahn auch von sehr vielen Faktoren abhängt und sich letztendlich nur bedingt planen lässt, ist es außerdem gut, wenn man eine Plan B hat – also eine Expertise, mit der man auch außerhalb der Forschung punkten kann. In der Medizin bzw. Virologie ist das zum Glück nicht so schwer – das Wissen über Viren ist auch außerhalb der Universität eine relevante Expertise, zum Beispiel für Unternehmen, die an Medikamenten oder Impfstoffen forschen, bei Behörden oder internationalen Organisationen.

• Waren Sie als Frau in der Forschung jemals mit Vorurteilen aufgrund ihres Geschlechts konfrontiert? 

Ich hatte eigentlich nie das Gefühl, benachteiligt zu sein, wenn es zum Beispiel konkret um eine Stelle oder die Durchführung eines Forschungsprojektes ging. Allerdings ist man oft unterschwellig immer wieder mit Aussagen oder Annahmen konfrontiert, die immer wieder Zweifel säen: zum Beispiel, dass eine wissenschaftliche Karriere nicht mit einer Familie vereinbar ist oder man sich als Frau entscheiden eben müsse oder, dass bestimmte Fächer einfach nichts für Frauen sind – das sind Erfahrungen, die Männer so nicht erleben. In der Pandemie, in der ich auch viel in der Öffentlichkeit stand, habe ich allerdings schon erlebt, dass man der Expertise einer weiblichen Wissenschaftlerin oft weniger Glauben schenkt als der eines männlichen Kollegen – selbst, wenn diese Kollegen vorher überhaupt nicht an dem Thema gearbeitet haben. Es gibt also noch viel zu tun, aber ich bin auch zuversichtlich: Die jungen Frauen heute sind selbstbewusst und gut ausgebildet – also geht Euren Weg, und lasst Euch bloß nicht einreden, dass Euch weniger zusteht!

 

Ganz herzlichen Dank, liebe Frau Prof. Eckerle!


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